Das adelige Gut zu Helminghausen

 

Seit alten Zeiten ist Helminghausen immer ein Meierhof der Herren von Padberg gewesen, dessen Dienst sich während der Jahrhunderte kaum wandelten. Es saß dort ein „herrschaft-licher“ Förster, und eine Mühle mahlte sowohl für die adeligen Häuser als auch für das Kloster Bredelar. Von einer eigenständigen Helminghauser Geschichte kann erst nach dem Dreißigjährigen Krieg gesprochen werden.

Raban Josias von Padtberg, Sohn des Ernst Anton „Tönies“ von Padtberg, und der Margarete Elisabeth von Dalwigk, stammte aus einer Linie des Oberhofes zu Padberg. Der damalige Senior, Ernst Anton musste fünf Söhne unterbringen. Caspar Hillebrand galt als Erbe des pad-bergischen Besitzes, über Ludwig Friedrich, Elmerhaus und Otto Friedrich war noch nicht entschieden. Doch für den Drittgeborenen, Raban Josias, hatte man rund um den Helming-hauser Meierhof wüstgewordene Grundstücke und Kotten billig erworben und sie zu einem abgerundeten Besitz zusammengefügt. Es war uraltes Bauernland und deswegen nicht steuer-frei, weil es bereits in alter Zeit von den Burglehen abgetrennt wurde.

Raban Josias galt in der Familie als „Schwarzer Schaf“, nicht weil er kein rechtschaffender Mann war, sondern weil er gegen die damaligen Sitten des kurkölnischen Adels verstieß. Er lebte mit der Schäferstochter Catharina Horstmann aus Adorf zusammen. Das war zu jener Zeit auch nicht unbedingt eine Schande. Ein kurkölnisches Gesetz regelte durchaus eheähn-liche Verhältnisse adeliger Personen, die eine „Trauung zur linken Hand“ verband und deren Kinder nicht am gemeinsamen Erbe beteiligt werden konnte. Was diesen Raban Josias so negativ belastete, war der Wunsch, seine bürgerliche Liebe heiraten zu wollen. Dies gelang ihm erst nach der Geburt des dritten unehelichen Kindes im Alter von fast 50 Jahren. Nach seiner Eheschließung am 14.09.1681 bezog er das Haus zu Helminghausen und ist somit der Stammvater einer neuen Linie, deren Nachkommen sich weit verzweigten. Er blieb zwar der Herr von Padtberg, adeliger Abstammung, jedoch ohne politischen Rechte. Es wird im Zu-sammenhang mit dem Haus Helminghausen immer wieder nach der Ritterbürtigkeit gefragt. Da die Nachkommen des Raban Josias protestantisch waren, galten sie für das Herzogtum Westfalen nicht als landtagsfähig. Der lehnsfreie Besitz reichte jedoch weit über die Grenze nach Waldeck hinein. Die heute vom Diemelsee überfluteten Täler gehörten zum Gut Helminghausen, das ebenfalls uralter Bestandteil des Besitzes der Padberger war. Dort, in Waldeck, wurden sie als Deputierte nicht abgelehnt. Die drei vorehelichen Kinder wurden legalisiert und damit erbberechtigt. Da das Gut selbst nicht groß genug war, um eine Adels-familie standesgemäß ernähren zu können, nutzte Raban Josias die guten Beziehungen seiner mütterlichen Verwandtschaft in Waldeck aus. Am 23.08.1698 belehnte Graf Christian Ludwig von Waldeck den Raban Josias von Padtberg mit waldeckischen Lehen. Raban Josias starb am 31.03.1705.

Schon in der folgenden Generation überwogen die Helminghauser Anteile an den Lehns-gütern Hoppecke und Ottlar die aller anderen Miterben. Raban Josias Sohn, Hermann Anton, übernahm das Gut. Er heiratete Anna Elisabeth Dorothea Schenk zu Schweinsberg. Am 22.02.1729 belehnte Fürst Carl August Friedrich zu Waldeck den Hermann Anton von Padtberg mit waldeckischen Lehen.

Danach folgte Hermann Antons Sohn Carl Wilhelm Bernhard Ludwig (1725-1794). Er wurde als erster „Gräflicher waldeckischer Landdrost“ und Oberforstmeister. Damit war er gleich-zeitig Deputierter der landwirtschaftlichen Kammer zu Arolsen. Seine Frau hieß Charlotte Friederike von Drach. Diese reversierte am 11.05.1797, Witwe des verstorbenen Wilhelm Bernhard von Padberg zu Ober-Helminghausen, dem Fürsten Hoyer Friedrich zu Waldeck über die Belehnung ihrer minderjährigen Söhne Friedrich und Raban Ernst Carl Ludwig.

Nachfolger auf dem Gutshof wurde Raban Ernst Carl Ludwig von Padtberg (1775-1829), Herr auf Helminghausen, Ottlar und Hoppecke. Er heiratete Christine Friederike Meissner, die aus einer alten waldeckischen Pastorenfamilie stammte. Seine Tätigkeit als Landdrost konnte er derart erfolgreich führen, dass ihn die Stadt Arolsen aus Dankbarkeit zum Ehren-bürger ernannte. Im Jahre 1800 erhielt er den Freiherrentitel für das Fürstentum Waldeck. Seine Schwester, Marianne Wilhelmine (* 1777 in Helminghausen, + 1856 in Arolsen), war die Urgroßmutter des späteren Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Ernst Reuter. Sie heiratete 1799 Carl Theodor von Stockhausen (* 1778 in Münster, + 1818 in Arolsen).

Sein Sohn Ludwig Philipp Carl Friedrich erhielt das Gut 1829. Er heiratete ebenfalls bürger-lich, und zwar Charlotte Secretan aus Montreux. Sie entstammte aus einer Schweizer Professorenfamilie. Er wurde waldeckischer Hofmarschall und Kammerherr des Fürsten. Da er drei Töchter, aber kein Sohn besaß, fiel das Gut an seinen jüngeren Bruder Friedrich Ludwig, der Jurist in Korbach und mit einer Elisa von Leliva verheiratet war. Sie verstanden praktisch nichts von der Verwaltung eines Gutes. Für ihren Sohn Erpo Raban, preußischer Kavallerieoffizier in Berlin, stürzten sie sich in schwere Schulden. Erpo Raban heiratete eine Zirkuskünstlerin aus italienischer Familie, Hermine Augusta Caccia aus Adorf. Als der Vater starb, konnte Erpo Raban das Gut nicht mehr halten und musste es unverzüglich verkaufen. Er zog vorübergehend mit seiner Familie nach Ehringen bei Volkmarsen und später nach Carls-felde bei Torgelow (Pommern). Dort kaufte er für den Rest seines Geldes ein kleineres Gut.

Am 30.04.1885 wurde das Gut an den Kaufmann Friedrich Vohwinkel zu Gelsenkirchen über-tragen. Sein Nachfolger wird der Gutsbesitzer Gottfried Wülfing zu Helminghausen, dem das Gut am 02.10.1899 aufgelassen wird. Der Gewerke Eduard Isphording aus Hamm bekommt es am 30.07.1902 eingetragen und wenige Tage später aufgelassen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Gutshof mit samt seinen Waldungen unter seinen Nachkommen auf-geteilt.

Die Gemeinde Helminghausen konnte das Gutshaus in den 1960er-Jahren erwerben und ließ aufgrund der projektierten Ortsdurchfahrt die Gutsmauer abbrechen.

Nach der kommunalen Neuordnung 1975 ging das Gebäude an die Stadt Marsberg über. Noch vom Gemeinderat beschlossen, konnte auf dem Gutsgelände 1976 ein Minigolfplatz angelegt werden. Durch Verkauf gelangte das aus Fachwerk bestehende Haus wieder in Privatbesitz und es konnte zusammen mit den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden unter Denkmalschutz gestellt werden.