Die Anfänge der Stromversorgung des Elektrizitätsverbandes

Büren-Brilon mit dem Kraftwerk Helminghausen

 

Durch Gesetz vom 09. Juli 1913 wurde der Ausbau der Wasserkraftanlagen an der Eder- und Diemeltalsperre sowie einer Kraftanlage in der Werra am „Letzten Heller“ oberhalb Hann. Münden beschlossen. Diese Anlagen wurden der Verwaltung der staatlichen Aktiengesellschaft, der Preußischen Kraftwerke „Oberweser“ AG in Kassel unterstellt. 1)

Die Ausnutzung der gestauten Wassermengen zur Erzeugung von Elektrizität, die auf Grund des Gesetztes von 1913 betreffend den Ausbau von Wasserkräften im oberen Quellgebiet der Weser zum Bau eines Kraftwerkes führte, wurde anfänglich nur als ein recht bedeutender Nebenvorteil angesehen, gewann aber später, als die Elektrizität ihren Siegeszug antrat, immer mehr an Bedeutung.

Am 05. Dezember 1913 tagten die Gemeindevertreter des Amtes Thülen, um ihre Haltung in Bezug auf den Anschluss ihrer Ortschaften an ein geplantes Kreis-elektrizitätswerk abzustimmen. Am 10. Dezember 1913 verfügte der Königliche Landrat Jansen dann den Anschluss des Kreises Brilon an eine Überlandzentrale. Nachdem sich andere Gemeinden für den Strombezug von einer kreiseigenen Über-landzentrale entschieden hatten, beschlossen auch die Gemeindeverordneten von Helminghausen am 23. Dezember 1913 eine Elektrifizierung ihres Ortes. Gleich-zeitig übernahm sie die Garantie für einen jährlichen Stromverbrauch von 4 Mark pro Kopf der Bevölkerung, welches die Vorbedingung für den Leitungsbau war. In der Kreistagssitzung vom 31. Dezember 1913 unterbreitete der Oberingenieur der Siemens-Schuckert-Werke, der spätere Direktor des Elektrizitätsverbandes Büren-Brilon (EVBB) 2), Franz Vogel, hierüber detaillierte Pläne, nach denen die staat-lichen Wasserwerke der Eder- und Diemeltalsperre die Stromversorgung des Land-kreises sichern sollten. Die Landkreise Brilon und Büren gründeten schließlich am 06. Juli 1914 per Gesellschaftsvertrag den „Elektrizitätsverband Büren-Brilon“ mit Sitz in Brilon.

1914 wurde die Edertalsperre fertig gestellt. Die für den 25. August anberaumte feierliche Einweihung musste jedoch wegen des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs abgesagt werden. Es konnten weder die Hochspannungsleitung noch die Trans-formatorenstationen fertig gestellt werden. Erst am 19. September 1920 konnte der EVBB Strom aus den beiden am Fuße der Edertalsperre gelegenen Kraftwerke be-ziehen.

 

Der Leitungsbau des EVBB vom Kraftwerk Helminghausen

1914 wurde von den Ingenieuren der Preußischen Elektrizitätsgesellschaft (Preag), unter Federführung des Königlichen Maschinenbauamtes in Hannover, eine 60-kV-Freileitung von der im Bau befindlichen Diemeltalsperre ausgehend durch das Hoppecketal gen Norden geführt. Die Hochspannungsleitung führte von Helming-hausen über Padberg, Beringhausen, Rösenbeck und Alme bis nach Borgholz. Sie bestand aus eisernen Gittermasten, die in festen Fundamenten verankert waren. Die Porzellanisolatoren sorgten für eine Isolierung der Leiter gegen die Erde.

Im Frühjahr 1916 entstand dann in Regie des Elektrizitätsverbandes Büren-Brilon die erste 24-kV Hochspannungsleitung in der Region von Alme, Hoppecke und Diemel. Sie wurde von der Bürener Überlandzentrale ausgehend das Almetal hinauf gelegt, führte dann über Wünnenberg und Bleiwäsche nach Bredelar, von dort über Beringhausen, Padberg nach Helminghausen. Auf der Strecke Wünnenberg – Blei-wäsche – Bredelar wurden zuerst nur Holzmasten aufgestellt, die man aber schon 1922 gegen Eisenmasten auswechselte. Die Leitung wurde dann von der Diemeltal-sperre aus wie die Preag-Leitung durch das Hoppecketal verlegt.

 

Kraftwerk Helminghausen

Am 30. Januar 1922 war durch Städte und Kreise der Elektrozweckverband Mittel-deutschland in Kassel gegründet worden. Ihm trat der Elektrizitätsverband Büren-Brilon bei. Dieser ermöglichte auch den Städten der östlichen Peripherie des Hoch-sauerlandes den Strombezug aus dem Verbundnetz mit der preußischen Elektrizi-tätsgesellschaft. Dazu wurde der Bau von Umspannwerken in Helminghausen und in Büren notwendig.

Am Oberlauf der Diemel stoßen wir in Helminghausen auf die gewaltige Sperrmauer der Diemeltalsperre. Ein Gefälle von 35 m wird hier zum Betrieb von zwei Francis-turbinen genutzt. Das Kraftwerk unterhalb dieser Mauer wurde 1920-22 gebaut. Betreiber war seit dem Jahr 2000 die E.ON Energie AG, vormals Preußen-Elektra in Hannover. Nach Umwandlungs- und Abspaltungsmaßnahmen bei E.ON 2016, ist Uniper SE Betreiber des Kraftwerks, das direkt der Werkleitung Edersee untersteht.

Das Umspannwerk ist im viergeschossigen Kraftwerkhaus untergebracht. Hier wurde der mit einer Spannung von 8 kV erzeugte Drehstrom vielfältig transformiert und einerseits in die hessische 60 kV-Leitung nach Hemfurt am Edersee und in eine 24-kV-Leitung nach Heringhausen (Waldeck), andererseits in die 60-kV-Leitung des Elektrizitätsverbandes Büren-Brilon eingespeist. 3) Von hier aus wurde aber auch der Strom für das Ortsnetz Helminghausen, Padberg und Messinghausen bereit-gestellt. Für den Landkreis Brilon leisteten zwei Transformatoren im Untergeschoss die Umformung. Im Erdgeschoss befanden sich die Ölschalter, im ersten Stock die Sammelschieber und im zweiten der Überspannungsschutz. Hier führten die Lei-tungen ein und aus. So wird es verständlich, dass wir in Helminghausen kein Trafo-haus antreffen, weil der Transformator direkt im Umspannwerk des E-Werks unter-gebracht war. Die Gemeinde Helminghausen hatte lediglich 25 Holzmasten von     10 m Länge und 20 cm Zopfstärke für das Leitungsnetz zu setzen.

Der Vorbau des Kraftwerkes mit seiner markanten dreiachsigen Fensterfront be-herbergt zwei Drehstromgeneratoren der Firma Siemens-Schuckert. Sie haben heute nach technischen Verbesserungen eine Leistung von je 500 kW (760 PS). 1924 gingen diese in Betrieb. Hinter dem Gebäude liegen Grundablassstollen der Sperr-mauer, von denen das Zuflussrohr ausgeht und das in jeder Sekunde 4500 Liter Wasser den Turbinen zuführt. Das Kraftwerk hat eine Leistung von 1,2 MW.

Bereits im August 1922 wurde das Umspannwerk in Betrieb genommen, das erste im Hochsauerland. 1920 bekam schon die Talsperrenbauverwaltung Strom aus einem von dem EVBB provisorisch aufgestellten Transformator, wobei die Gemeinde Helminghausen mit angeschlossen wurde. Nach anfänglichen Schwierigkeiten über die Lieferungsbedingungen zwischen der Gemeinde Helminghausen und dem EVBB, hinsichtlich eines Vertrages vom 10. Februar 1914, konnte in einer Gemeinde-ratssitzung vom 29. Oktober 1920, im Beisein des Landrates Jansen, eine Einigung erzielt werden. Danach verpflichtete sich der EVBB der Gemeinde aus den staatlichen Wasserkraftwerken der Eder und Diemel elektrische Energie in Form von Drehstrom zu liefern. Der EVBB errichtete auf seine Kosten von der Trans-formatorenstation an der Diemeltalsperre ein Niederspannungsnetz für den ge-schlossenen Ort. Die Gemeinde verpflichtete sich, als einmaligen Zuschuss von 15.050 Mark für den Ausbau des Ortsnetzes und Anfertigung des Stroman-schlusses bis an die anzuschließenden Häuser zu zahlen. Die Gemeinde gestattete dem EVBB ausschließlich, sämtliche im Verfügungsrecht der Gemeinde stehenden Straßen, Wege, Grundstücke usw. zur Durchlegung, zum Betriebe, zur Instand-haltung und zur eventueller Wiederaufnahme von Kabeln und Freileitungen nebst allen Zubehöranlagen zwecks Fortleitung, Durchleitung, und Lieferung von elektrischer Energie unentgeltlich zu benutzen.

Weiter verpflichtete sich die Gemeinde, sofern der EVBB Privateigentum für die Auf-stellung von Masten benutzt, bei den Eigentümern der Grundstücke nach Kräften dahin zu wirken, dass sie diese Plätze unentgeltlich zur Verfügung stellten, und dass sie auf ihre Kosten eine Straßenbeleuchtung, zwei bis drei Brennstellen zu 400 Mark pro Brennstelle, anzubringen hätten. Den Platz der Brennstellen gab der Gemeinde-vorsteher an. Gemäß Lieferungsvertrag gewährte die Gemeinde dem EVBB auf die Vertragsdauer von zunächst 45 Jahren für den Betrieb in der Gemeinde eine Gemeindesteuerfreiheit.

Schließlich konnte die Gemeinde Helminghausen im März 1921 mit Strom versorgt werden, und am 13. Mai 1921 trat der Lieferungsvertrag in Kraft. Es bedeutete für die Menschen eine kolossale Erleichterung, als das Dorf an das Stromnetz an-geschlossen wurde. Wer mit elektrischer Energie aufgewachsen ist, kann sich die Freude der Menschen jener Zeit nicht vorstellen, endlich Helligkeit in die Häuser zu bekommen, und 1921 gab es ein Lichterfest, an dem die ganze Bevölkerung teil-nahm.

 

 

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1)  Die Preußischen Kraftwerke „Oberweser“ AG wurden später von der Preußen-Elektra über-nommen.

2)  An diesem Versorgungsunternehmen beteiligten sich der Kreis Brilon und der Kreis Büren zu gleichen Anteilen von je 50.000 Mark Stammeinlage.

Es erhielt wie das Mescheder Kreiselektrizitätswerk die Rechtsform einer Gesellschaft mit be-schränkter Haftung. Dem Aufsichtsrat gehörten sieben prominente Persönlichkeiten an. Sie wählten den Bürener Landrat zu ihrem 1. Vorsitzenden; der Briloner Landrat übernahm seine Stell-vertretung.

Am 01. Januar 1928 ging der EVBB in den Besitz der VEW über. 1929 wurde aus organisa-torischen Gründen der EVBB und das Kommunale Überlandwerk Wittgenstein GmbH zu einem neuen Energieversorgungsunternehmen zusammengefasst, dem „Elektrizitätsverband Brilon-Büren-Wittgenstein“. Am 01. März 1935 wurde der Elektrizitätsverband Büren-Brilon-Wittgenstein (EVBBW) aufgelöst. Seitdem wurde das Versorgungsgebiet von der VEW-Bezirksdirektion Arnsberg aus verwaltet.

3)  Bereits der Bau der ersten 100000-Volt-Leitung von Unna nach Neheim im Jahre 1930 wurde diese Übertragungsspannung zur so genannten Mittelspannung degradiert.