Die Schule
Schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts war eine Person zur Erteilung des Schulunterrichts an die Kinder bestellt, aber es fehlte an einem geeigneten Unterrichtsraum bzw. an einem Schulge-bäude. Wie in allen Dörfern wird der Schulunterricht in einer Werkstatt, bei einem Schneider oder Schuhmacher durchgeführt worden sein. Eine Notiz von 1804 besagt: Ein Schulgebäude ist er-richtet, aber noch in keinem brauchbaren Stande. Nach einer Auflistung aus dem Jahre 1804 gab es 22 Schüler: 12 Knaben und 10 Mädchen.
Mit Übernahme des Herzogtums Westfalens durch die Preußen wurde bereits 1813 eine Schul-pflicht eingeführt. Im Schultheißenbezirk Padberg musste Helminghausen für ihren Lehrer 8 Reichstaler jährlich aufbringen.
In einem Bericht von 1815 heißt es: Das Schulgebäude ist neu gebaut, aber zur Zeit nicht brauch-bar. Der Lehrer Joseph Giller sei 60 Jahre alt davon 10 Jahre im Dienst und mit keiner Vorbildung. In dieser Zeit wird die Schülerzahl mit 17 schulfähigen Kindern angegeben. 1826 schreibt der Pfarrer Lefarth aus Beringhausen, dass die Schule in Helminghausen sehr schlecht sei, ebenso die Lehrerwohnung und dass der Lehrer mit seiner Familie im Schulzimmer wohnt. Aus einer Gehaltsliste des Lehrers Friedrich Egger von 1828 ist zu entnehmen, dass außer dem Schulgeld noch weitere Einkünfte, die so genannten Realrechte, von den Einwohnern des Dorfes dem Lehrer zustanden. Darin wird aufgeführt, dass von jedem Hausbesitzer: fürs Läuten der Glocke ein Brot und ein Spind Kartoffeln von jedem schulpflichtigen Kinde nebst ein Brot. Von der Gemeinde: ein Fuder Holz, freie Wohnung und Hude.
Wert wurde in erster Linie auf das Fach Religion gelegt. Im Rechnen und Schreiben kam man nicht wesentlich über einfaches Grundwissen hinaus. Es ist bekannt, dass 1831 zwei jüdische Kinder unterrichtet wurden. Sicher ist nach der Einrichtung der preußischen Schulinspektionen im Jahre 1834 besserer Unterricht erteilt worden, denn von 1840 gibt es Berichte, nach denen ein Lehrer und eine Lehrerin 10 katholische Jungen, 10 katholische Mädchen, einen jüdischen Jungen und ein jüdisches Mädchen in Helminghausen unterrichteten.
Bekannt sind die Klagen des damaligen Schulinspektors für den Inspektionsbereich Marsberg, des Landdechanten Kropf aus Giershagen. Den Eltern warf er vor ihre Kinder nicht zur Schule, dafür aber zum Viehhüten zu schicken. Dies war bereits 1820 von der preußischen Regierung verboten worden.
Mit der damaligen preußischen Schulreform wurden den Gemeinden verbindliche Auflagen für das Bildungswesen gemacht. Die Einkünfte der Lehrer wurden erneut festgelegt, nachdem das Lehrer-gehalt bereits 1841 von der Gemeinde auf 60 Reichstaler jährlich heraufgesetzt worden war. Man wollte den Lehrern nicht mehr zumuten, ihr geringes Gehalt noch mit Nebenverdiensten auffrischen zu müssen. Noch in den zwanziger bis vierziger Jahren betrieben sie Landwirtschaft, arbeiteten auf Gutshöfen oder handelten mit Sauerländer Waren ins Land.
Die Schule vor 1870 befand sich an der Stelle, auf dem heute das Ehrenmal steht. Nach Theodor Caspari soll auf dem alten Schulhaus eine Glocke gewesen sein von 42 cm Durchmesser mit der Inschrift „Gloria in Excelsis Deo 1829“. Der Lehrer Johann Jütte schreibt 1860: Das Schulhaus ist nämlich ganz eigenthümlich gebaut. Dasselbe ist weder ein- noch zweistöckig, sondern es hat Sackwerk. Den unteren Boden, d. h. die Decke über den Zimmern, ist mit Lehm betragen, und findet man hier deshalb eben so viele Schmutzlöcher als sich im unterm Stock Zimmer befinden. (…)
Später wandte sich der Lehrer mehrmals mit Anträgen über die Bauschäden und Raumknappheit der Schule an die zuständige Behörde. 1862 besichtigte eine Kommission das Gebäude und befand, dass es noch in einem relativen guten Zustand sei. Doch die Gemeinde erwarb einige Jahre später die Karl Kappeschen Wohnhäuser und ließ es nach Vorgaben des Maurer- und Zimmermeisters Prange aus Niedermarsberg zu einem Schulgebäude mit Lehrerwohnung umbauen. Die alte Schule wurde 1869 auf Abriss versteigert. In einer Bestandsaufnahme für die Schulen im Amt Nieder-marsberg von 1877 geht hervor: Die Schulgemeinde besitzt zu Helminghausen ein eigenes Schul-haus, dasselbe ist im Jahre 1868 angekauft und 1869 umgebaut; in demselben befindet sich die Schulstube mit einem Quadratflächenraum von 304 □ Fuß = 29,94 □ mtr. und einer Höhe von 12 Fuß = 3,76 mtr., sowie die Dienstwohnung des Lehrers. (…) Die einklassige Elementarschule ist in Fachwerk, mit Lehm ausgefacht, das Dach mit Stroh eingedeckt. (…) Die o. g. Glocke gelangte nun in einem Dachreiter auf das Schulhaus um den Beginn des Unterrichts, den Steuertermin oder eine Feuergefahr anzukündigen.
Die Höhe des Schulgeldes betrug 1874: Von jedem Kinde zahlungsfähiger Eltern 15 Sgr. 5 Pf. von gegenwärtig 29 Kindern, von jedem Kinde nicht zahlungsfähiger Eltern aus der Gemeindekasse 15 Sgr. 5 Pf. für gegenwärtig 1 Kind. Am 25.09.1886 wurden 44 Schüler ermittelt: 29 Knaben und 15 Mädchen (43 kath., 1 jüdisch). Am 01.04.1888 bestand die Schulgemeinde Helminghausen aus 192 Seelen, 37 Hausväter, 50 Schulkinder, 33 Häuser.
Doch auch diese Schule genügte mit der Zeit nicht mehr den gestellten Anforderungen. 1911 heißt es in einem Bericht des zuständigen Kreisschularztes u. a.: Die Abortverhältnisse sind sehr dürftig, Trinkwasser ist nicht vorhanden. Nach der Elektrifizierung des Dorfes im März 1921, erhielt die Schule eine elektrische Beleuchtungsanlage. Trotz einiger Modernisierungsmaßnahmen, wurde 1925 mit dem Schulneubau „Vor’m Schee“ begonnen. Im August 1926 konnte die Schule mit Lehrerwohnung ihrer Bestimmung übergeben werden. In den Kellerräumen des Gebäudes wurde 1928 eine Brausebadanlage (Duschräume) für die Dorfbewohner eingerichtet. Der damalige Amtmann Friedrich Brümmer in Niedermarsberg schrieb am 16.03.1925: Die Gemeinde kann und will, wenn auch mit recht großen Opfern, unter äußerster Anspannung der Steuerkraft 1/3 der Bau-kostensumme aufbringen. Die Bauarbeiten führte der Maurermeister Johann Albracht (Schneyders) aus Helminghausen zu einem Preis von 35.201,29 RM durch. Zur Schule gehörten noch drei Morgen Land, das der Lehrer zur Bewirtschaftung zu Verfügung stand. Das alte Schulgebäude ein-schließlich der Schulglocke versteigerte die Gemeinde an den Stuckateur Fritz Vollmer aus Reck-linghausen zu einem Preis von 4.140 RM, der wiederum das Gebäude an die Familie Kemper aus Herne weiterverkaufte.
Aufgrund der Vertriebenen nach dem 2. Weltkrieg stieg die Schülerzahl derartig an, dass der Unter-richt für mehrere Jahre mit einer zweiten Lehrperson durchgeführt werden musste. In der ein-klassigen Schule erhielt morgens die Oberstufe (5. bis 8. Schuljahr), nachmittags die Unterstufe (1. bis 4. Schuljahr) den Unterricht. Wegen rückläufiger Schülerzahlen beschloss der Gemeinderat am 29.11.1950 die Aufhebung der zweiten Planstelle (Lehrerstelle) an der katholischen Volksschule.
Um die Schule einigermaßen auf dem Laufenden zu halten, beschloss der Gemeinderat einstimmig am 30.11.1961 die Schulerweiterung. In Zusammenarbeit mit dem Kreisbauamt Brilon wurde der Architekt Susewind aus Niedermarsberg mit der Bauplanung beauftragt. Nach Beschluss vom 04.02.1964 erhielt der Bauunternehmer Eduard Lange aus Messinghausen den Zuschlag für die Bauausführung. 1966 konnte die Schulerweiterung mit einer zusätzlichen Feuerwehrgarage fertig gestellt werden. Trotz des Schulanbaus wurde 1968 der Unterricht wegen sinkender Schülerzahlen (1967: 19 Kinder) und der durchgeführten Schulreform, u. a. der Einführung des 9. Schuljahres ab dem 01.12.1966 in Bredelar, eingestellt. Dazu schrieb der Pfarrvikar Alois Trost in die Padberger Kirchenchronik: Zu Anfang des Jahres 1968 stand im Mittelpunkt der Gespräche und Diskussionen die Schulreform. Die Umfrage nach der Schulart wurde in Helminghausen ganz und gar positiv beantwortet, in Padberg weniger gut. Später gewann wie überall im Lande die Frage nach dem Schulort und Schulweg an Bedeutung. (…) Helminghausen löst bereits am Ende dieses Schuljahres 1967/68 die Schule auf. Die großen Kinder gehen nach den Sommerferien, also zu Anfang des neuen Schuljahres 1968/69 nach Marsberg, die kleinen Kinder, 1. – 4. Schuljahr nach Padberg. Padberg schickt die großen Kinder ebenfalls schon zu Anfang dieses Schuljahres nach Marsberg, wo 2 Hauptschulen errichtet werden sollen. Die Grundschule bleibt hier am Orte (Padberg) noch ein Jahr, dann wird in Bredelar oder Beringhausen eine gemeinsame Grundschule für diese Ort-schaften eingerichtet.
Seit August 1969 bestand der Grundschulverband Beringhausen-Bredelar, dem auch Padberg und Helminghausen angehörten. Seit Schließung der Schulen in Bredelar (2005) und Beringhausen (2011), werden die Schüler aus den vier Orten in der Grundschule Giershagen unterrichtet. Die weiterführenden Schulen befinden sich in Marsberg.
Die KAB Gelsenkirchen-Ückendorf pachtete 1972 das Schulgebäude von der Gemeinde und baute es zu einem KAB-Heim um, das im Juni 1973 feierlich eröffnet wurde. Eigentümer des Gebäudes wurde nach der kommunalen Neuordnung 1975 die Stadt Marsberg. In 2002, nach Ablauf des Pachtvertrages mit der KAB, übernahm die Familie Bouma aus der Provinz Friesland in der Nieder-lande, die seit 1988 Besitzer des Gasthofes „Zum Diemeltal“ ist, das Gebäude von der Stadt Mars-berg. Seitdem werden die Räumlichkeiten als Ferienheim genutzt.
Eine Lehrerpersönlichkeit des 19. Jahrhunderts war Johann Jütte. Nach über vierzigjähriger Tätig-keit starb er im hohen Alter fast erblindet. Vor dem 1. Weltkrieg gab es einen Lehrer Wulf, der Verfasser eines Buches „Der Waldjörg“ ist. Nach dem Krieg wurde der Lehrer Franz Henkel nach Helminghausen versetzt. Neben seiner Arbeit als Lehrer widmete er sich besonders dem örtlichen Vereinsleben. Unter seiner Leitung wurde 1920 ein Sportverein gegründet mit den Schwerpunkten Wintersport und Schwimmen. Im Gegensatz zu vielen anderen Gemeinden haben die Helming-hauser Ratsmitglieder offenbar den Wert des Schulsports schon früh erkannt. Sie kauften für die Kinder Skier, die Eigentum der Schule blieben. Lehrer Henkel galt auch in der Gemeinde etwas als Musikfreund. 1920 gründete er ein Gesangverein, der zwar an Mitgliedern klein blieb, jedoch bei Gesangswettbewerben in den Nachbardörfern durchaus Erfolge erzielte und vor allem den Sängern viel Freude bereitete. Die Schulgeschichte von Helminghausen ist seit dem Entstehen der neuen Schulformen abgeschlossen. Dennoch wird manchem die gute alte Zwergschule, die der sauer-ländische Bundespräsident Heinrich Lübke so sehr liebte, mit etwas Wehmut in Erinnerung bleiben.
Volksschule Helminghausen
um 1930